Selbstfürsorge ist die Fähigkeit, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und für deren Erfüllung zu sorgen. Sie ist eine Ressource der Resilienz und kann erlernt, sowie verlernt werden.
Hast Du gelernt, deine Bedürfnisse zu verstehen und diese wichtig zu nehmen? Vermutlich nicht. Mir kommen unmittelbar´Bilder aus der Kindheit in den Sinn. Aus meiner Kinheit, aber auch aus der meiner damaligen Freunde und Spielkameraden.
Was ich in meiner Generation erlebt habe, hat wenig mit der Erfüllung von kindlichen Bedürfnissen zu tun. Es war als Kind wichtig, die Bedürfnisse der Erwachsenen und besonders die, der Eltern zu erfüllen. Dass das Kind selbst auch Bedürfnisse außerhalb der körperlichen Versorgung hat, wollten viele Eltern nicht wahrnehmen. Wenn ich es recht betrachte, wurde ich eigentlich dazu erzogen meine eigenen Bedürfnisse zu unterdrücken. Zum Gehorsam erzogen. Glücklicherweise war ich schon immer eine Rebellin und war selten unreflektiert gehorsam. Dennoch ist es für ein Kind prägend, stetig zu lernen „Deine Bedürfnisse sind nicht wichtig. Wie es Dir geht, zählt gerade nicht.“
Ich möchte niemanden damit beschämen. Jeder macht Fehler und damals ging Erziehung eben so: Ich bin erwachsen und weiß, was gut für Dich ist. Zum Glück gibt es heutzutage schon viele Eltern, die sich dessen bewusst sind und ihre Kinder so erziehen, dass die Bedürfnisse, und auch selbstbestimmte Entscheidungen der Kinder respektiert werden.
Versteht mich nicht falsch, natürlich sind wir als Erwachsene, als Erzieher und als Eltern dazu angehalten, dem Kind auch Orientierung, Sicherheit und Unterstützung zu geben. Das heißt auch manchmal bewusst gegen die Wünsche und vermeintlichen Bedürfnisse des Kindes zu entscheiden. Ein total übermüdetes Kind noch weitere zwei Stunden auf dem Spielplatz spielen zu lassen, weil es noch nicht gehen will? Nein. Da muss der Erwachsene entscheiden, was besser für das Kind ist. Jeden Morgen nur Süßigkeiten zum Frühstück? Nein. Das Frühstück sollte gesund und ausgewogen sein.
Wir haben also nicht gelernt, unsere Bedürfnisse bewusst wahrzunehmen und nicht gelernt, wie wir unsere Bedürfnisse erfüllen. Was wir aber vielleicht gelernt haben ist, dass die Bedürfnisse der Erwachsenen wichtig sind.
Beispiel: Das Kind, nennen wir ihn Tom, spielt mit einem Feuerwehrauto.
Der Alarm schrillt maximal nervig aus dem Spielzeug. Wie toll das für das Kind klingt. „Wenn ich auf den Knopf drücke, passiert etwas. Weil ich dort drauf drücke, macht das Feuerwehrauto Lärm.“ Es erlebt sich als aktiver Teil seiner Umwelt. Die Mutter des Kindes ist jedoch völlig am Ende. Den ganzen Morgen hat sie den Haushalt gemacht, war einkaufen und kocht gerade zu Mittag. Sie bräuchte eigentlich etwas Ruhe, wünscht sich kurz eine Pause vom alltäglichen Stress. Aus der Anspannung und Überlastung heraus, schreit sie Tom an: „Hör auf so laut zu sein. Mama hat Kopfweh“ und nimmt dem Kind das Spielzeug weg. Tom weint. Das Bedürfnis des Kindes, nach Entdeckung und Spiel wird aprubt unterbrochen und durch den Schreck, sowie das Schreien der Mutter, negativ behaftet.
Solche Situationen sind völlig normal und teilweise auch verständlich. Ich finde, man muss auch nicht alles mitmachen, denn der Erwachsene hat ja schließlich auch Bedürfnisse, die wichtig sind und erfüllt werden wollen. Wächst das Kind jedoch in einem Umfeld auf, in dem es immer wieder Situationen erlebt, in denen es stark bevormunet und in der Entwicklung eingeschränkt wird, lernt das Kind seine Bedürfnisse zu unterdrücken.
Ein Kind ist abhängig von der Versorgung seiner Eltern bzw. seiner Bezugspersonen und das spürt das Kind. Es spürt instiktiv, dass es alleine nicht überleben würde. Wo sollte es Nahrung herbekommen, wo sollte es Schutz finden? Es ist also für das Kind überlebensnotwendig, sich anzupassen und den Eltern zu gefallen. Denn, was man auch gelernt hat – wenn Du lieb und brav bist, bekommst Du eine Belohnung. Wenn Du etwas tust, das uns nicht gefällt, wirst du bestraft. Das Kind will also gefallen. Es will für die Eltern etwas wert sein und fügt sich dem, was von ihm verlangt wird. Durch Lob wird das, von den Eltern gewünschte Verhalten, verstärkt. Durch Bestrafung, wird das von den Eltern unerwünschte Verhalten, reduziert. Das Kind lernt immer mehr, seine Bedürfnisse und Wünsche zu unterdrücken. Es lernt, dass es Lob und Wertschätzung erfährt, wenn es das Verhalten zeigt, welches Andere von ihm erwarten. Und so wird es dann erwachsen, vergisst wie es sich als Kind gefühlt hat und hält es für vollkommen normal, die Bedürfnisse Anderer an erste Stelle zu setzen.
Der Erwachsene, tut sich nun schwer, „Nein“ zu sagen. Denn ein „Nein“ kann eine negative Konsequenz bedeuten, so wie er es als Kind erlebt hatte.
Beispiele:
Der Chef: „Kannst Du morgen ein paar Stunden länger bleiben? Wir müssen das Projekt fertig bekommen“ – „Ja klar, kein Problem.“
Denn die Konsequenz könnte sein, den Job an jemanden zu verlieren, der bereit ist die Überstunden zu machen. Dabei arbeite ich schon so hart ich kann und bräuchte dringend ein paar Tage frei.
Die Ehefrau: „Gehen wir morgen Abend zusammen ins Restaurant? Ich möchte Zeit mit Dir verbringen!“ – „Ja klar, kein Problem.“
Denn die Konsequenz könnte sein, den ganzen Abend zu streiten, weil sie denkt, ich möchte keine Zeit mit ihr verbringen. Dabei bin ich einfach nur müde von der Arbeit.
Die Mutter: „Du besuchst mich nie. Ich habe so viel für Dich getan und Du lässt mich alleine.“ – „Ich besuche dich morgen.“
Denn ich fühle mich schuldig und möchte nicht, dass Du dich einsam fühlst. Dabei habe ich keine Zeit und Kraft, weil ich Überstunden mache und meine Frau zufrieden stellen muss.
In der Geschichte der Frau, lässt sich klar das Bild einer fürsorglichen und selbstlosen Pflegerin erkennen. Was man heutzutage auch als Care-Arbeit kennt, war damals noch Bestandteil des Alltags von Frauen. Das umsorgen von Kindern als Mutter. Das hüten und pflegen von Haus und Hof. Das kochen, nähen, waschen und putzen, als gute Ehefrau. Das pflegen von Kranken und Verletzten, als Nonne. Die Pfleger von alten und kranken Familienangehörigen. Und auch heute noch, arbeiten prozentual mehr Frauen, als Männer zu Hause und machen Care-Arbeit oder arbeiten in Berufen, die sich der Pflege, Erziehung und Fürsorge verschreiben.
Es verwundert also nicht, dass gerade Frauen es gelernt haben, für die Bedürfnisserfüllung, die Gesundheit und das Wohlbefinden von Anderen zu sorgen. Sie haben es schon bei ihren Großmüttern, Tanten, Freundinnen und den eigenen Müttern beobachtet und viele Frauen haben selbst auch das Bedürfnis anderen zu Helfen. Das Helfen und die Fürsorge sind identitätsstiftend.
Als Mutter von Kindern, ist es völlig normal, dass Du deine Bedürfnisse wiederholt zurückstecken musst. Dass Du nicht tun und lassen kannst was und wann Du es willst, weil Du Verantwortung für ein anderes Lebewesen hast. Als Krankenpflegerin ist es völlig normal, Dein Pausenbrot erst in der Pause zu essen, weil Du dauerhaft im Stress bist, obwohl Dein Magen schon zwei Stunden vorher knurrt. Als Erzieherin musst Du bis zur Ankunft deiner Kollegin warten, bis Du endlich auf die Toilette kannst, weil Du die Kinder nicht ohne Aufsicht lassen kannst.
Gerade in Pflege-, und Erziehungsberufen, vor allem beim derzeitgen Notstand, wird immer mehr erwartet, die eigenen Bedürfnisse hinter die, der Anderen zu stellen. Die Zauberformel, um Pfleger zu Überstunden und Selbstaufgabe zu bewegen, ist Mitgefühl. Das Mitgefühl für Patienten und Kollegen, ist für Viele ein maßgeblicher Grund, sich selbst zu überarbeiten. Und selbst wenn die Psyche und der Körper signalisieren – Stopp! Du musst Dich selbst schützen, flüstert die leiste Stimme des unterdrückten Kindes „Nein, es ist wichtiger wie es den Anderen geht. Ich bin nicht so wichtig.“ Dann verschiebst Du es auf Morgen, Übermorgen, Irgendwann – Dich um Dich selbst zu kümmern.
Aber auch in anderen Berufen ist es schick, sich kaputt zu arbeiten. Überstunden sind der neue Ferrari. Augenringe und Kaffeesucht, ein Lifestyle. Die Alkoholabstürze am Wochenende – die Belohnung für die harte Arbeit.
Deutschland ist eine Leistungsgesellschaft und erst jetzt beginnt so langsam ein Umdenken. Vor allem die junge Generation sieht die Befriedigung nicht mehr darin, sich kaputt zu schuften. Sie erkennen den Wert es Lebens nicht in dem Gedankengut: arbeiten bis zum umfallen. Es gibt wichtigeres und schöneres zu sehen und zu erleben. Arbeit muss sein, darf sein. Aber zwischen Arbeit und Ausbeutung liegt ein himmelweiter Unterschied. Dein Chef profitiert natürlich davon, dass Du Schwierigkeiten hast, Grenzen zu setzen und nach Deinen eigenen Bedürfnissen zu sehen. Was schwierig anzunehmen ist, aber meistens zutrifft – Du bist ersetzbar. Wenn Du unter all der Last zusammenbrichst und deinen Beruf nicht mehr ausüben kannst, wird man Dich ersetzen. Dann stehst Du da. Völlig kaputt und leer. Dann hast Du Dich für deinen Chef, für die Firma, für das Ansehen und den Respekt der Kollegen zerstört. Vielleicht hast Du Deinen Partner verloren, bist in eine Abhängigkeit gerutscht oder durchlebst ein schwerwiegendes Burnout.
Du hast lange genug zurückgesteckt für Andere. Hast zugehört, Arbeit abgenommen und bist über Deine Kraftreserven gegangen. Du hast Dich selbst, Dein Äußeres, Deine Wünsche und Träume vernachlässigt. Aber jetzt reicht’s! Wir werden das ändern.
1.Ignoriere die Erwartungen und Wünsche der Anderen
Damit meine ich nicht, dass Du völlig egoistisch und abwertend sein sollst. Wenn Du etwas nicht möchtest, sag es. Du darfst, Du solltest, ja Du musst Nein sagen, wenn Du etwas nicht willst. Du darfst Nein sagen, wenn eine Freundin mit Dir ins Kino will und Du einfach keine Lust hast. Ihre Enttäuschung ist nicht Dein Problem. Das ist ihr Gefühl und dafür ist nur sie selbst verantwortlich. Du darfst Nein sagen, wenn dein Chef dir Überstunden aufdrücken will. Du musst Dir nicht alles gefallen lassen. Dein Chef wird sich vermutlich furchbar über dein Nein ärgern, aber nur weil ER sich für die Firma kaputt macht, musst Du das noch lange nicht. Du darfst immer Nein sagen, wenn Du dich nicht wohl bei etwas fühlst. Dabei finde ich nur wichtig, dass Du respektvoll bleibst. Ein Nein kann abwertend und aggressiv geäußert werden, oder selbstbestimmt und indiskutabel. Außerdem – Du musst Dich nicht rechtfertigen. Nach einem Nein, muss keine Begründung folgen.
2.Befreie Dich vom Leistungsdenken – Selbstwert unabhängig von Leistung
Du bist mehr wert, als das was Du leistest. Du bist ein Unikat. Mit all deinen Erfahrungen, deinen Fähigkeit, deinen Persönlichkeitsmerkmalen und auch mit deinen Schwächen. Wenn Du denkst, nur durch deine Leistungen, deinen Erfolg und deinem Einkommen einen Wert zu haben, rate mal wie Du Dich verhälst?! Wie ein Hamster in seinem Hamsterrad. Denn Du wirst nie genug Leistung, Erfolg und Einkommen erzielt haben. Es gibt immer mehr davon. Es gibt immer jemanden, der besser ist und mehr Leistung erbringen kann. Es gibt immer jemanden der mehr Geld und Ansehen hat. Was passiert wenn Du plötzlich keine Leistung mehr bringen kannst, wenn Du deinen Job verlierst? Bist Du dann plötzlich nichts mehr wert? Darfst Du dann nicht mehr existieren? Mache Dich unabhängig von Leistungsdenken. Verleihe deinem Leben und deinen Taten einen Wert, ohne etwas zu müssen. Schöpfe deinen Stolz, deine Freude und Glückseligkeit aus Dir selbst.
3.Genieße es, Dir etwas Gutes zu tun
Kennst Du die Top 5 Aktivitäten, die Dich so richtig entspannen lassen? Wenn nicht, ist es an der Zeit dir darüber Gedanken zu machen. Schreibe Dir auf, welche Aktivitäten das sein könnten und dann teste mal ganz bewusst. Am besten ist es, wenn deine Top-Aktivitäten aus unterschiedlichen Bereichen kommen. Schön ist es, wenn Ausflüge, aber auch Kleinigkeiten die Du schnell mal zu Hause umsetzen kannst, auf deine Liste kommen. Ich genieße es zum Beispiel sehr, mal richtig schön und gesund für mich zu kochen. Dabei zelebriere ich nicht nur das fertige Essen, sondern auch das zubereiten und garnieren. Ich liebe es, meinen Teller so schön herzurichten, als würde ich in einem teuren Restaurant sitzen. Wenn das Gericht dann auch noch gesund und nährstoffreich ist, habe ich auch das Gefühl meinem Körper etwas Gutes zu tun.
Erkunde das Gefühl, etwas ganz bewusst wahrzunehmen und zu genießen. Eine ausgewogene Mahlzeit, den mächtigen, roten Sonnenuntergang oder das Vogelzwitschern im Wald. Meistens ist es sehr heilsam dabei alleine zu sein. Du kannst aber auch Aktivitäten mit jemandem zusammen planen, der Dir gut tut und mit dem Du positive Gespräche und Gedanken teilst. Es soll eine Auszeit von Sorgen, Arbeit und Nöten sein. Einfach Zeit für Dich. Zeit, um die Seele baumeln zu lassen und sich wohl zu fühlen.
4.Bedürfnisse erkennen und in den Alltag einplanen
Um Deine Bedürfnisse zu erfüllen, ist es natürlich erstmal wichtig, sie zu erkennen. Wie wir an den obigen Beispielen schon gesehen haben, haben viele von uns verlernt, die eigenen Gefühle und Wünsche wahrzunehmen und zuzuordnen. Lerne deinem Körper zuzuhören. Gefühle sind auch im Körper spürbar und Gefühle lassen sich von Außen ablesen. Lerne Dich und Deine Emotionen richtig zu deuten.
Dann frage Dich – Was kann ich dafür tun, mir dieses Bedürfnis zu erfüllen? Finde immer nur Lösungen, die Du für Dich tun kannst. Deine Lösung darf niemals von einer anderen Person abhängen, denn sonst bist Du – von dieser Person abhängig.
Sieh zu, dass Du Aktivitäten und Umstände in deinen Alltag integrierst, die wichtig dafür sind, Deine Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen. Wenn Du Gewohnheiten schaffst, die für dein Wohlbefinden sorgen, wird es schon bald bergauf gehen.
Auch wenn es anfangs schwierig ist, Deine Bedürfnisse und Wünsche zu erkennen, Dich von den Erwartungen der Anderen zu lösen und neue Gewohnheiten zu erschaffen – sei es Dir selbst wert! Nur Du kannst für Dich Selbst, deine Gesundheit und Dein Wohlbefinden sorgen. 🏊🧘🧖♀️🍏🙏
Wenn Du Unterstützung und Orientierung beim erkunden und integrieren von mehr Selbstfürsorge benötigst, kann ich Dir herzlich ein Coaching mit mir empfehlen.
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Ich wünsche dir von Herzen alles Gute!
Deine Sonja 🌻 von selflove-empowerment ❤️